Donnerstag, 23. Oktober 2008

4. Woche in Bad Trissl

Heute war mein letzter Tag in Bad Trissl. Ich habe mich inzwischen so an die Klinik gewöhnt, daß es mir schwer viel abzureisen. Der geregelte Ablauf des Tages, die Mitpatienten mit denen ich am Tisch saß, und auch die von den Nachbartischen, das "Nordic Walking", die Krankengymnastik, das Herz-Kreislauf Training, das trainieren an den Geräten, die Gymnastik in der Gruppe, wo wir vor allem Ballspiele gemacht haben, das Yoga, die Massagen, all das, wird mir womöglich etwas fehlen. Jetzt heist es mit einem neuen Tagesablauf zu beginnen. Auch mit dem Essen wird es eine größere Umstellung sein. Gestern habe ich mit dem Logopäden die verschiedenen Geschmacksrichtungen ausgetestet. Süß, das vor allem an der Zungenspitze wahrgenommen wird, ergab überhaupt keine Reaktion. Nachdem ich etwas Zucker auf die Zungenspitze gegeben hatte, war es so als ob ich etwas Sand auf die Zunge gegeben hätte. Auch an anderen Stellen der Zunge konnte ich absolut nichts wahrnehmen. Dann probierten wir das salzige aus. Mit einem winzigen Stück Rohschinken und winzig kleinen Wurststückchen. Diesen Geschmack konnte ich zu 100 % wahrnehmen. Das Problem war nur das Kauen und Schlucken das Schmerzen bereitete. Mit dem Sauren war es so, daß ich zwar die Säure wahrnehmen konnte, jedoch nur in Form von Schmerzen. Das Bittere haben wir gar nicht ausprobiert, da wir nichts zur Hand hatten, was bitter schmeckt. Beim Salbeitee und beim Schwarztee nahm ich jedoch auch das Bittere war. Heute Abend, wollte ich mal etwas ausprobieren, worauf ich schon 4 Wochen gewartet hatte. Endlich konnte ich Zuhause mir selber etwas kochen. Ich träumte schon von einer richtigen Bennsuppen, so wie ich sie bekommen hatte als kleines Kind. Ich nahm eine Pfanne, ließ darin die Butter zergehen, gab gewöhnliches Weismehl dazu und rührte so lange bis das Mehl sich bräunlich färbte und den typischen Geruch der Brennsuppe entickelte. Dann gab ich das Wasser dazu. Es zischte natürlich kräftig und dann mußte man schnell rühren, daß sich die kleinen Mehlbrocken auflösten. Dann ein Ei dazu, etwas Salz und fertig war die Brennsuppe. Sie schmeckte immer noch so wie vor 50 Jahren. Dann war da noch etwas anderes, das ich letzte Woche gelernt hatte. Milch und Brocken, das ist eine Schale Milch worin man Brot auflöst. Heute probierte ich es mit einer Scheibe Toastbrot. Das hat wenig Rinde und löst sich in Milch gut auf. Ich muß so langsam meinen Zuckerverbrauch wieder etwas einschrenken. Mit dem Kalorienzählen habe ich heute aufgehört. Falls mein Gewicht, das die letzten 3 Wochen ziemlich stabil war, zurückgeht, kann ich ja wieder damit anfangen. Nächste Woche wird's noch etwas spannend, da geht's zum PET/CT. Sobald ich das Ergebnis habe melde ich mich wieder.

Mittwoch, 15. Oktober 2008

3. Woche in Bad Trissl

Das ist jetzt die zweite Woche in der REHA Abteilung und es geht von Tag zu Tag besser. Das Gewicht bleibt stabil und das Essen geht stets leichter. Ich schreibe zwar noch immer jeden Tag auf, was, und wieviel ich esse und trinke, doch scheint es mir nicht interessant genug um darüber zu schreiben.Was war dann interessant die letzten 7 Tage? Donnerstag lieh ich mir ein Fahrrad aus und fuhr nach Kufstein. Im Bioladen kaufte ich Sahne und Zucker, meine Hauptnahrungsmittel. Inzwischen habe ich wohl 1,5 Kg Zucker und 2 Liter Sahne verbraucht. Neuerdings habe ich auch etwas Grießbrei und Pudding gegessen. Gestern habe ich Panna cotta probiert und schon zwei Becher davon aufgegessen. 300Kcal pro Portion und heute habe ich Tiramisu anstelle von der panna cotta gegessen. So langsam kommt Abwechslung ins Essen. Nachdem ich den Weg nach Kufstein kannte, ich war ja schon mit dem Fahrrad dort und abschätzen konnte wie weit es ist, bin ich dann am Samstag den Weg zu Fuß gegangen. Er war ja vorbildlich ausgeschildert und zwar mit den Wegweisern des Jakobswegs. Ein blaues Schildchen mit der stilisierten Jakobsmuschel in gelb und einen kleinen Pfeil der die Richtung angibt. Irgendwie war der Samstag mein Glückstag. Die hübsche Dame im Dirndl, die an der Rezeption der Klinik arbeitet, sprach mich an. Ich hatte keine Idee wie sie sich meinen Namen gemerkt hatte, doch sie hatte Post für mich und zwar gleich zwei Päckchen. Was für schöne Überraschung! Auf dem Weg nach Kufstein kam ich an einem Flohmarkt von zwei Mädchen vorbei, die mich fragten ob ich ihnen etwas abkaufe. Neben dem ganzen Krims Krams hatten sie noch eine Dose mit Losen. Sie sagten, daß es einen Treffer gab und wenn man den hätte, konnte man sich aus allen Sachen, das aussuchen, was einem am besten gefiel. Ich entschied mich also für das Los.Es kostete 50 Cent. Und, wer hätte das gedacht, ich hatte den Haupttreffer und konnte mir nun etwas aussuchen. Ich fand eine hübsche rot - orangenfarbige Kunstblume die gut zu meiner gelben Windjacke passte. Ich konnte sie sogar gut ersichtlich mit einem Draht an der Windjacke festmachen. Das wird mein Glücksbringer sein! In etwa 3 Stunden war ich in Kufstein. Zurück ging es mit dem Zug. Am Sonntag besuchten mich mein Bruder Alfi und meine Schwester Moni. Wir fuhren nach Herrsching um dort Mittag zu kochen.Am Nachmittag gingen wir am Ammersee spazieren. Es war ein goldener Herbsttag. Am Abend lud ich die beiden in Rosenheim ins "Taj Mahal" ein. Die Dahl Suppe war ausgezeichnet. Alfi und Moni bestellten das "vegetable Thali", das aus 6 verschiedenen Gerichten besteht. Für mich bestellte ich als Hauptspeise ein Dhal Curry. Ich konnte zwar nicht die ganze Portion essen, doch ich war mehr als zufrieden mit dem was ich essen konnte. Zum trinken bestellte ich mir zwei mal einen Chai. Der schmeckte um einiges besser als der Tee den ich mir zwei bis drei mal pro Tag mache. Ich mache mir immer Schwarztee mit 6 Teelöffel Zucker und ein bis zwei Esslöffel Sahne, damit ich die 2000 kcal täglich erreiche. Jdenfalls warder Sonntag ein gelungener Tag. Montag bis heute war Routine, Massage, Fango, Laufband, Fitness, Gymnastik, Yoga. Sehr erfolgreich war die Logotherapie. Ich wusste nicht, daß jeder Mensch etwa 1500 mal pro Tag ganz unbewusst Speichel schluckt. Da ich Schmerzen beim Schlucken hatte, gewöhnte ich mir das einfach ab. Als Resultat hatte ich den Mund voller Speichel den ich dann ausspucken mußte, wollte ich reden. Somit habe ich schon an die Hundert Päckchen Papiertaschentücher verbraucht. Seit ich mir das Schlucken wieder angewöhnt hatte ging der Taschentuchverbrauch drastisch zurück. Langsam erarbeite ich mir auch wieder Kondition. Am Dienstag war ich beim Nordic Walking dabei. Wir gingen ein, ein halb Stunden relativ ebenes Gelände. Heute jedoch gingen wir zur Sommer Rodelbahn und da ging es relatif steil, was alle ziemlich ins Schwitzen brachte. Auf dem Rückweg war dann jeder wieder vergnügt. Es gab einen kleinen feinen Regen, zugleich mit Sonnenschein. Jetzt bleibt mir noch eine Woche in Bad Trissl, dann bin ich hoffentlich wieder fit genug um nach Hause zu gehen.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

2. Woche in Bad Trissl

Nachdem es den Anschein hatte, daß ich auch ohne Infusion auf 2000 kcal kommen würde, wurde ich in der REHA Abteilung aufgenommen. Das bedeutete nun, daß die Intensive Betreuung durch Ärzte und Pflegepersonal wegfiel, daß ich ein Zimmer bekam, das eher einem Hotelzimmer glich, als einem Krankenzimmer und vor allem, daß die Infusionen wegfielen. Also 2 Liter Flüssigkeit und 1000 Kcal weniger, und das von heute auf morgen. Ich habe es verglichen mit der Geburt eines Babys, das vorher über die Nabelschnur ernährt wurde, und dann, von einem Tag auf den anderen, gefüttert werden musste. Ich bekam das Essen auch nicht mehr auf das Zimmer, sondern mußte in den Speisesaal gehen um dort zu essen. Das hatte zur Folge, daß ich erstmal wieder Gewicht verlor, dann jedoch wieder zunahm. Alles drehte sich bei mir um die Nahrungsaufnahme.Menge und Kcal wurden von mir genauestens aufgeschrieben. Die wochenübersicht sieht folgendermaßen aus:

Datum

Gewicht

Ernährung oral ml

Ernährung oral Kcal

02.10

68,4

1900

1700

03.10

68,0

2000

1500

04.10

68,0

1800

1350

05.10

68,1

2150

1800

06.10

68,1

2150

1850

07.10

68,4

2250

2150

08.10

68,6

2450

2150

An Beschäftigung mangelte es mir die letzte Woche nicht.Ich bekam 3 mal Besuch, war zwei mal in Kufstein. Zwei mal bin ich zu Fuß nach Oberaudorf gegangen. War jedesmal im Supermarkt zum einkaufen. Ich habe genau 1 Kg Zucker letzte Wochen in Kaffee und Tee gegeben um die Kalorien zu erhöhen.Auch der Sahneverbrauch war ungefähr ein Liter. An Anwendungen habe ich alles mögliche, Massagen, Lymphdrainage, Fango, Herz- Kreislauftraining,Fitness mit Geräten, Gymnastik, Osteopathie, Logotherapie. Kein Wunder wenn ich kaum mehr Zeit habe, um mich mit dem blog zu beschäftigen.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

1. Woche in Bad Trissl

Letzten Donnerstag wurde ich in Großhadern entlassen. Mit Krankenwagen ging es dann nach Oberaudorf. Bad Trissl ist etwa 1 Km vom Zentrum von Oberaudorf entfernt. Nach Kufstein sind es etwa 5 Km. Der Fahrer des Krankenwagens gestattete mir am Beifahrersitz Platz zu nehmen, so mußte ich nicht hinten angeschnallt auf der Liege, neben einem weiteren Patienten, dem es noch schlechter ging als mir, ausharren. Der Fahrer war wirklich nett. Er kommt aus Ungarn, spricht aber ausgezeichnet Deutsch. Hätte er nicht gerade mit seiner Frau telefoniert, ich wäre niemals draufgekommen, daß er kein Deutscher ist. Es war nicht einfach für ihn mich in Großhadern zu finden. Die Zentrale, welche die Aufträge an die Krankenwagen weitergibt hatte nicht nur meinen Namen total falsch durchgegeben, sondern auch noch die falsche krankenstation. Nachdem er dann die richtige Krankenstation erfahren hatte und ich hörte, daß er nach einem Patienten suche um ihn nach Bad Trissl mitzunehen, war es kein Problem mehr. Die Liege, welche für meinen Transport vorgesehen war, verwendeten wir zum Transport des Gepäcks. Auf der Fahrt konnten wir uns recht gut unterhalten. Wir sprachen nicht über krankheiten, sondern über Budapest und Wien. Seine Frau ist ungarisch sprechende Burgenländerin. Mit den Wienern kommt er nicht besonders gut zurecht. Er erzählte von einer Begebenheit, die ihm im Zug von Wien nach Budapest passiert ist und die ihn tief geschockt hat. Im Zugabteil, ihm gegenüber saß ein Wiener mit dem er sich während der Fahrt unterhielt. Der Wiener wurde von seiner Frau begleitet, die er mit folgenden Worten an den Fahrer des Krankenwagens vorstellte: "Das ist meine Frau - sie ist zwar Burgenländerin doch trotzdem liebe ich sie". Er konnte es einfach nicht fassen, was der Wiener mit diesem Satz zum Ausdruck brachte. Kurz vor Oberaudorf empfahl er mir ein Buch " Der Jungbrunnen des Dr. Shioya" zu lesen. Es würde von einem 120 Jahre altem Japaner handeln, der eine spezielle Atemtechnik propagierte. Der Faherer versicherte mir, daß die Technik wirkt, er wende sie täglich an. Wir hatten inzwischen die Klinik erreicht. Wärend der Fahrer sich mit dem Gepäck des anderen Fahrgasts kümmerte, schnappte ich mir meins und spazierte samt Gepäck zur Klinkrezeption. Ich konnte also auf eigenen Beinen die Klinik reingehen was mir wichtig war. Was ich nicht konnte war essen und trinken. Ich hatte auch noch regelmäßige Kotzanfälle mit schlimmen würgen. Am nächsten Tag ging es schon besser. Das Würgen war vorbei und ich konnte in ganz kleinen Schlucken trinken. Ich habe im Lauf des Tages immerhin 400ml trinken können. Dann hatte ich die Idee, alles in einer Tabelle aufzuzeichnen, die ich hier gleich wiedergeben möchte:

Datum

Gewicht

Ernährung oral ml

Ernährung oral Kcal

25.09

67,3

0

0

26.09

67,5

450

200

27.09

67,4

700

630

28.09

67,6

950

1000

29.09

67,9

1100

1090

30.09

68,0

1440

1420

01.10

68,2

Ziel 2000

Ziel 2000

Die Ärzte habe ich mit meiner Tabelle und dem Ausrechnen der kcal ziemlich beeindruckt. Normalerweise würden sie nur sehr vage Antworten auf die Frage, was haben sie gegessen, bekommen. Am Sonntag hatte ich dann Besuch von Mama, die mit meiner Schwester Moni gekommen war. Sie waren schon recht früh hier, noch vor der Visite. Die Visite war nur recht kurz, ich fragte ob ich das Klinikgelände verlassen dürfe. Kein Problem, solange ich um 22:00 zurück sei, war die Antwort. Wir machten also zusammen einen längeren Spaziergang. Zum Mittagessen ließ ich Mama und Moni allein gehen, da ich sowieso keinen Bissen essen konnte. Sie würden am Nachmittag dann noch einmal vorbei kommen. Moni half mir noch kurz beim Wäsche waschen. Dann machten wir zusammen einen Ausflug. Wir fuhren nach Kufstein. Es war wunderschönes Wetter und wir schlenderten durch die Altstadt.Auf dem Rückweg zum Parkplatz gingen wir die Innpromenade entlang und fuhren dann auf einer Landstraße, den Inn entlang bis nach Oberaudorf. Es war ein gelungener Nachmiitag. Ich hatte etwas mehr Apettit als vorher und es gelang mir, das erste mal seit der Chemo, eine Suppe zu essen. Von nun an ging es also echt bergauf. Heute war ich soweit, daß ich die Ärzte fragte mich von den Infusionen zu trennen. Ab heute muß ich also essen, es gibt keine andere Wahl. Morgen werde ich dann in die REHA verlegt. Gestern bekam ich das Buch von Dr. Shioya, das mir der Fahrer zu Herzen gelegt hatte. Ich hatte es über Internet bestellt. Der Originaltitel ist: "The power of living freely". Die 120 Jahre waren etwas übertrieben, Dr. Shioya ist 105 Jahre alt. Das ist auch ein schönes Alter, wenn man, so wie er, bei guter Gesundheit ist. Er hat drei Prinzipien für das Alltagsleben die er empfiehlt. Erstaunlich, sie decken sich mit einigen Punkten, die ich im letzten Blog Eintrag zum besten gegeben habe. Mit den Weisheiten, die ich von mir gegegeben habe, war ich nicht ganz zufrieden. Die drei Punkte des Dr. Shioya gefallen mir besser.

1

alle Dinge konstruktiv zu durchdenken

2

DANKBAR SEIN

3

NICHT NÖRGELN

Das "nicht nörgeln" habe ich als selbstverständlich erachtet, dennoch finde ich es gut wenn es auch gesagt wird. Eine andere Möglichkeit wäre vielleicht es positiv zu formulieren. zB "POSITIV BLEIBEN" Unter "alle Dinge konstruktiv zu Durchdenken" meint Dr. Shigoya ein Ziel vorgeben. Die Kraft dazu kommt von Gott, das geht aus dem Buch klar hervor. Die Frage, was ich aus der Krankheit gelernt habe, würde ich jetzt so beantworten:

1

ZIEL VORGEBEN (MIT GOTTES SEGEN!!!)

2

DANKBAR SEIN

3

POSITIV BLEIBEN