Dienstag, 16. September 2008

30. Tag der Bestrahlung

So, jetzt kann ich die Anzahl der Bestrahlungen an den Fingern einer Hand abzählen. Drei diese Woche und zwei nächste Woche. Heute haben die Ärzte bestätigt, daß keine weitere Chemo mehr geplant ist. Jetzt geht es nur mehr darum den Medikamenten cocktail zu reduzieren und mit dem Schlucken wieder anzufangen. Wie mir heute die Maske zu Bestrahlung aufgesetzt wurde tauchten folgende Bilder des Camino auf. Ich wollte mich vor allem an Details erinnern. Ich war in Villafranca del Bierzo. Heute wollte ich lieber alleine gehen. Deshalb sagte ich LeeAnne, Horst und Meli, mit denen ich gemeinsam von der Herberge aufgebrochen war, daß ich noch etwas Zeit brauchen würde, und daß ich schon nachkommen würde.Ich fand ein gemütliches Internet Cafe. Es gab frisch gepressten Orangensaft und croissants. Den Cafe con Lecce nahm ich dann mit zum Computer Terminal. Nach etwa einer halben Stunde machte ich mich wieder auf den Weg. Ich kam an einem Markt vorbei und kaufte verschiedenes Obst und eine Aguacate, eine Avokado auf Deutsch. Nur sollte man nicht den Fehler machen in Spanien nach "Avocados" zu fragen, denn das sind Advokaten und man könnte Verwirrung stiften.Unser Spanish Lehrer Luis erzählte wie er als Junge noch kein Deutsch konnte und es ihn total verwirrt hat, daß die Deutschen Touristen ihn gefragt hatten wo sie "Avocados" finden konnten. Warum brauchen denn die Deutschen Touristen denn einen Advokaten in Spanien fragte er sich. Obwohl der Verkäufer fest behauptete die avogate seien maturos, also reif, schienen sie mir doch noch etwas hart zu sein. Jedenfalls hatte ich Proviant genug um bis zum Abendessen auszukommen. Der Camino ging meistens der Straße entlang, teilweise von der Straße durch eine 1 Meter hohe Betonwand getrennt. Die Straße selbst war kaum befahren, dafür sah man in der Ferne eine Autobahn auf hohen Stützpfeilern. Anscheinend war dies das schlimmste Stück des Camino, bevor die Straße durch die neu gebaute Autobahn entlastet wurde. Es regnete so wie meistens in den letzten Tagen. Ich war recht froh allein zu gehen, so konnte ich mein Tempo an meine verschiedenen Weh Wehchen anpassen. Erst tat der linke Fuß weh, dann nachdem ich diesen gut zugeredet hatte meldete sich der rechte Fuß. Auch er wollte seinen Teil der Aufmerksamkeit. Ich muß wohl schon drei bis vier Stunden gelaufen sein, als ich eine Deutsche Pilgerin einholte. Sie erzählte mir daß sie letzte Nacht sich in Villafranca eine Pensione gegönnt hatte. Die Pilgerherbergen dort seien für sie einfach eine Zumutung gewesen.Wir liefen so eine halbe Stunde zusammen als wir eine Ortschaft erreichten. Wir kamen an einer Bar vorbei, wo wir winkende Hände sahen. Ich fragte die Begleiterin ob sie hier erwartet werden würde. Sie verneinte, dann mußte wohl ich gemeint sein, verabschiedete mich und ging zur Bar. Dort waren Horst und Meli, die gewunken hatten, LeeAnne war auch hier. Ich hatte sie schließlich doch eingeholt. Wir gingen dann gemeinsam bis Vega del Valcarce. Die Herberge war am Ende einer steilen Straße und mann mußte noch eine Treppe hinaufgehen. Eine Gruppe Französischer Pilger war schon da, die uns sagten wo die Zimmer sind und daß wir es uns gemütlich machen sollten bis Maria, die Alberghiera kam. Es gab ein etwas kleineres Zimmer das schon belegt war und ein größeres wo wir uns die Betten aussuchten. Immerhin gab es für jedes Zimmer einen elektrischen Heizstrahler. Alles war mit sehr viel Geschmack und Sinn für's Detail dekoriert. Horst fühlte sich am wohlsten im Empfangsraum hinter dem Tisch der Alberguera. Er versetzte sich schon in die Rolle des Albergiero. Wie er nach dem Credencial fragen würde und wie er den Stempel reinmachen würde. Zum Spaß sagte er noch, daß wenn jetzt Pilger kommen würden, er ihnen sagen würde, daß schon alles belegt ist. Wir schauten uns die Bilder am Pin Board an. Sie zeigten Maria, eine hübsche junge Frau umringt und umschwärmt von hübschen Jungs. Es war einfach zu kalt im Empfangsraum. Wir scharten uns lieber um den Heizstrahler. Der leiß sich sogar noch auf eine Stufe höher stellen. Eine halbe Stunde später fiel allerdings der Strom aus. Maria hatte zum Glück auf der Eingangstür eine Nachricht hinterlassen, daß die Pilger es sich inzwischen gemütlich machen sollen und eine Mobilnummer für den Notfall. Der Notfall war eingetreten. Ich stellte mein Mobiltelefon zur Verfügung und LeeAnne rief Maria an. Sie erzählte ihr daß wir schon eine größere Gruppe seien, die auf sie warteten und von dem Mißgeschick mit dem Stromausfall. Maria wußte gleich die Ursache des Stromausfalls und fragte ob wir den Strahler auf stufe IV gesetzt hatten. Dann erklärte sie LeeAnne bis ins Detail wo die Sicherungen seien, daß wir vorsichtig sein sollten beim Einschalten. LeeAnne fand den Sicherungsschalter, er hing an zwei Drähten von der Decke herab. Die Enden der Drähte waren blank, da war wirklich Vorsicht geboten. Nachdem der Heizstraler ausgeschaltet war hielt ich mit einer Hand den Schalter und mit der anderen kippte ich den Schalter um. Der Strom ging an, den Strahler setzten wir auf III, jetzt hatten wir es wenigstens wieder warm. Eine Stunde später kam dann Maria. Sie und LeeAnne waren schon wie alte Freundinnen. Maria hatte eine kleine Handtasche wo sie einen winzig Hund herumtrug. Die beiden waren wirklich süß.Eine Stunde später hatte jeder seinen Stempel bekommen und für die Nacht bezahlt, Maria verabschiedete sich und wünscht uns eine gute Nacht. Nach einem üppigen Abendessen in einem Restaurant in der Nähe vielen wir dann in einen gesunden Schlaf. Nach der Bestrahlung kam Lisa mich besuchen. Sie war noch immer etwas erkältet. Sie organisierte noch die bürokratischen Sachen mit den sozialen Dienst, damit für die Aufnahme in Bad Trissl nichts mehr im Wege steht.