Mittwoch, 1. Oktober 2008

1. Woche in Bad Trissl

Letzten Donnerstag wurde ich in Großhadern entlassen. Mit Krankenwagen ging es dann nach Oberaudorf. Bad Trissl ist etwa 1 Km vom Zentrum von Oberaudorf entfernt. Nach Kufstein sind es etwa 5 Km. Der Fahrer des Krankenwagens gestattete mir am Beifahrersitz Platz zu nehmen, so mußte ich nicht hinten angeschnallt auf der Liege, neben einem weiteren Patienten, dem es noch schlechter ging als mir, ausharren. Der Fahrer war wirklich nett. Er kommt aus Ungarn, spricht aber ausgezeichnet Deutsch. Hätte er nicht gerade mit seiner Frau telefoniert, ich wäre niemals draufgekommen, daß er kein Deutscher ist. Es war nicht einfach für ihn mich in Großhadern zu finden. Die Zentrale, welche die Aufträge an die Krankenwagen weitergibt hatte nicht nur meinen Namen total falsch durchgegeben, sondern auch noch die falsche krankenstation. Nachdem er dann die richtige Krankenstation erfahren hatte und ich hörte, daß er nach einem Patienten suche um ihn nach Bad Trissl mitzunehen, war es kein Problem mehr. Die Liege, welche für meinen Transport vorgesehen war, verwendeten wir zum Transport des Gepäcks. Auf der Fahrt konnten wir uns recht gut unterhalten. Wir sprachen nicht über krankheiten, sondern über Budapest und Wien. Seine Frau ist ungarisch sprechende Burgenländerin. Mit den Wienern kommt er nicht besonders gut zurecht. Er erzählte von einer Begebenheit, die ihm im Zug von Wien nach Budapest passiert ist und die ihn tief geschockt hat. Im Zugabteil, ihm gegenüber saß ein Wiener mit dem er sich während der Fahrt unterhielt. Der Wiener wurde von seiner Frau begleitet, die er mit folgenden Worten an den Fahrer des Krankenwagens vorstellte: "Das ist meine Frau - sie ist zwar Burgenländerin doch trotzdem liebe ich sie". Er konnte es einfach nicht fassen, was der Wiener mit diesem Satz zum Ausdruck brachte. Kurz vor Oberaudorf empfahl er mir ein Buch " Der Jungbrunnen des Dr. Shioya" zu lesen. Es würde von einem 120 Jahre altem Japaner handeln, der eine spezielle Atemtechnik propagierte. Der Faherer versicherte mir, daß die Technik wirkt, er wende sie täglich an. Wir hatten inzwischen die Klinik erreicht. Wärend der Fahrer sich mit dem Gepäck des anderen Fahrgasts kümmerte, schnappte ich mir meins und spazierte samt Gepäck zur Klinkrezeption. Ich konnte also auf eigenen Beinen die Klinik reingehen was mir wichtig war. Was ich nicht konnte war essen und trinken. Ich hatte auch noch regelmäßige Kotzanfälle mit schlimmen würgen. Am nächsten Tag ging es schon besser. Das Würgen war vorbei und ich konnte in ganz kleinen Schlucken trinken. Ich habe im Lauf des Tages immerhin 400ml trinken können. Dann hatte ich die Idee, alles in einer Tabelle aufzuzeichnen, die ich hier gleich wiedergeben möchte:

Datum

Gewicht

Ernährung oral ml

Ernährung oral Kcal

25.09

67,3

0

0

26.09

67,5

450

200

27.09

67,4

700

630

28.09

67,6

950

1000

29.09

67,9

1100

1090

30.09

68,0

1440

1420

01.10

68,2

Ziel 2000

Ziel 2000

Die Ärzte habe ich mit meiner Tabelle und dem Ausrechnen der kcal ziemlich beeindruckt. Normalerweise würden sie nur sehr vage Antworten auf die Frage, was haben sie gegessen, bekommen. Am Sonntag hatte ich dann Besuch von Mama, die mit meiner Schwester Moni gekommen war. Sie waren schon recht früh hier, noch vor der Visite. Die Visite war nur recht kurz, ich fragte ob ich das Klinikgelände verlassen dürfe. Kein Problem, solange ich um 22:00 zurück sei, war die Antwort. Wir machten also zusammen einen längeren Spaziergang. Zum Mittagessen ließ ich Mama und Moni allein gehen, da ich sowieso keinen Bissen essen konnte. Sie würden am Nachmittag dann noch einmal vorbei kommen. Moni half mir noch kurz beim Wäsche waschen. Dann machten wir zusammen einen Ausflug. Wir fuhren nach Kufstein. Es war wunderschönes Wetter und wir schlenderten durch die Altstadt.Auf dem Rückweg zum Parkplatz gingen wir die Innpromenade entlang und fuhren dann auf einer Landstraße, den Inn entlang bis nach Oberaudorf. Es war ein gelungener Nachmiitag. Ich hatte etwas mehr Apettit als vorher und es gelang mir, das erste mal seit der Chemo, eine Suppe zu essen. Von nun an ging es also echt bergauf. Heute war ich soweit, daß ich die Ärzte fragte mich von den Infusionen zu trennen. Ab heute muß ich also essen, es gibt keine andere Wahl. Morgen werde ich dann in die REHA verlegt. Gestern bekam ich das Buch von Dr. Shioya, das mir der Fahrer zu Herzen gelegt hatte. Ich hatte es über Internet bestellt. Der Originaltitel ist: "The power of living freely". Die 120 Jahre waren etwas übertrieben, Dr. Shioya ist 105 Jahre alt. Das ist auch ein schönes Alter, wenn man, so wie er, bei guter Gesundheit ist. Er hat drei Prinzipien für das Alltagsleben die er empfiehlt. Erstaunlich, sie decken sich mit einigen Punkten, die ich im letzten Blog Eintrag zum besten gegeben habe. Mit den Weisheiten, die ich von mir gegegeben habe, war ich nicht ganz zufrieden. Die drei Punkte des Dr. Shioya gefallen mir besser.

1

alle Dinge konstruktiv zu durchdenken

2

DANKBAR SEIN

3

NICHT NÖRGELN

Das "nicht nörgeln" habe ich als selbstverständlich erachtet, dennoch finde ich es gut wenn es auch gesagt wird. Eine andere Möglichkeit wäre vielleicht es positiv zu formulieren. zB "POSITIV BLEIBEN" Unter "alle Dinge konstruktiv zu Durchdenken" meint Dr. Shigoya ein Ziel vorgeben. Die Kraft dazu kommt von Gott, das geht aus dem Buch klar hervor. Die Frage, was ich aus der Krankheit gelernt habe, würde ich jetzt so beantworten:

1

ZIEL VORGEBEN (MIT GOTTES SEGEN!!!)

2

DANKBAR SEIN

3

POSITIV BLEIBEN