Donnerstag, 28. August 2008

18. Tag der Bestrahlung

18 plus 17 macht 35. Also ich bin jetzt über der Hälfte. Nur noch 17 Bestrahlungen!!! Heute tauchte ein ganz passendes Bild vom Camino auf. Ich war gerade am Berechnen ob ich die Hälfte des Weges zurückgelegt hätte oder nicht. Es muß wohl zwischen Calzadilla de la Cueza und Sahagun gewesen sein. In Calzadilla kam ich ziemlich müde und erst sehr spät an. Zum Glück gab es noch ein Bett. Meine Bettnachbarn waren Antonio und Ambra aus Padova. Beim Antonio mußte ich immer an den Heilligen Antonius aus Padova denken. Ich glaube der hatte eine ähnliche Statur. Ich ruhte mich ein bisschen aus, da kam ein Deutscher hereinspaziert, der gleich alle Aufmerksam auf sich zog. Er begrüßte Antonio und Ambra recht herzlich und versuchte in einem Kauderwelsch aus Spanisch und Englisch und Zeichensprache ihen etwas zu erzählen. Um die Sache etwas abzukürzen bot ich an zu übersetzten. Heiko wollte erzählen was mit seiner Freundin Angelika gestern los war. Sie war in Charion de los Condes und war krank. Heiko brachte sie dann zum Arzt, der ihr eine Spritze gab. Sie müßte noch einen Tag in Charion bleiben und dann würde sie den Bus nach Sahagun nehmen und Heiko dort treffen. Ich fragte noch arum er nicht bei Ihr geblieben wäre. Ich glaube er meinte, daß jeder seinen Weg gehen muß, mit Betonung auf "seinen". Am nächsten Tag ging's also nach Sahagun. Ich bin den ganzen Weg alleine gelaufen. Wie ich die Hauptstraße in Sahagun überqueren wollte, hielt ein Autobus und einige Pilger stiegen aus. Auf den ersten Blick erkannte ich Horst und Meli, mit denen ich schon in St. Juan Pied de Port Bekanntschaft gechlossen hatte. Wir umarmten uns herzlich. Dann war da noch Nancy, eine Amerikanerin die immer recht fit war. Nur jetzt war sie in einem elenden Zustand. Sie konnte nicht mehr gehen und mußte sich an einem Stock mit beiden Händen festklammern. Nur mühsam konnte sie einen Fuß vor den anderen setzten. Allein schon vom Gehweg auf die Straße zu gelangen war ein großes Problem. Dann war noch eine Deutsche dabei. Sie erzählte daß sehr viele Pilger in Charion de los Conde erkrankt seien, alle hatten sie Durchfall und Magenprobleme. Sie erzählte, daß sie gestern beim Arzt war und eine Spritze bekommen hätte. Daraufhin sagte ich: "Dann mußt Du Angelika sein" was sie sichtlich erstaunte. Da kamen Antonio und Ambra und gaben mir das Prospekt eines neuen Albergues das ganz in der Nähe war. Welch ein Glück für Nancy. Es dauerte zwar lange bis wir die hundert Meter zum Albergue zurücklegten, doch Nancy schaffte es. Über die Stufen lief sie einfach auf allen Vieren, so wie ein Baby. Dort gab es nicht nur einen riesigen Schlafsaal der allerdings unbeheizt war, sondern auch sage und schreibe drei Zweibettzimmer. Für Horst und Meli war klar, daß sie ein Zweibettzimmer nehmen würde. Angelika wollte mit Heiko das Zimmer teilen. Dann blieben ich und Nancy übrig. Wir haben schon so oft im gleichen Raum geschlafen, allerdings mit mindestens zwanzig anderen. Als Ausnahme konnten wir auch mal das Zimmer nur zu zweit teilen. Also, alles geregelt, das Badezimmer war für die drei Zimmer gemeinsam. Es war purer Luxus, Marmorfließen und eine riesige Badewanne. Das erste mal, daß ich eine Badewanne auf dem Camino sah. Meli war überaus glücklich. Im Bad standen Badeöle, Shampo, und sogar Rasiercreme zur Verfügung. Es gab sogar noch eine Küche, ich wollte Spaghetti Aglio Olio, peperoncino machen, mit nachdruck auf Peperoncino. Gar nicht so einfach Peperoncini aufzutreiben, doch ich wollte es versuchen. Und wirklich, ich fand in Sahagun Peperoncini. Spaghetti und Öl hatte Nancy von Lorenzo mitbekommen. Also nichts stand im Wege für eine gemeinsame Mahlzeit. Die Spaghetti waren für einige etwas scharf, doch mit dem guten Spanichen Wein dazu war es kein Problem. Beim Abendessen erzählte ich Angelika von LeeAnne, mit der ich bis jetzt immer mehr oder weniger gemeinsam gegangen bin.Nur jetzt hatte ich sie verloren, weil ich unbedingt noch den 17 Km Marsch drauflegen wollte. Sie fragte mich ob das womöglich eine Kanadierin mit kurzen rötlich blonden Haaren sei. Ja, ja, das konnte nur LeeAnne sein. Angelika hatte letzte Nacht neben ihr geschlafen. Auch LeeAnne war krank. Anscheinend kam es vom Wasser in Boadilla del Camino. Jeder der dort war ist krank geworden. Ich war zwar auch dort, womöglich habe ich intuitiv Bier getrunken und das Wasser nicht angerührt. Eine andere Erklärung gabs nicht. Die Zeit während der Bestrahlung war flugs vorbei. Es mußte nur noch die neue Bestrahlungsanlage eingestellt werden. Das kostete etwas Nerven, doch war ich guter Dinge. Nach der Bestrahlung ging ich zum Friseur wo es die vielen Perücken gab und ließ mir die Haare ganz kurz schneiden. Sie sind jetzt auf 8 Millimeter gekürzt. Gegen Mittag kam dann die Ernährungsberaterin ins Zimmer um das weiter Vorgehen zu besprechen. Sie war sehr verständnisvoll als ich ihr schilderte wie mir vor dem Essen grauste. Von nun an bekomme ich klare Suppe und Sahnepudding.